Bedeutung des Ausbildungskostenrückersatzes
Die Ausbildung von Mitarbeiter:innen ist eine wichtige Investition. Doch was passiert, wenn jemand das Unternehmen verlässt, bevor sich die Kosten amortisiert haben? Hier greift der Ausbildungskostenrückersatz – ein arbeitsrechtliches Instrument, das in Österreich klare Rahmenbedingungen vorgibt.
Quelle: RIS – Ausbildungskostenrückersatzgesetz
Was umfasst das Gesetz?
Das Ausbildungskostenrückersatzgesetz regelt, unter welchen Bedingungen Arbeitgeber:innen die Kosten von Mitarbeiter:innen zurückfordern dürfen. Es soll sicherstellen, dass Bildungsinvestitionen nicht verloren gehen, gleichzeitig aber Arbeitnehmer:innen vor überzogenen Rückforderungen geschützt sind.
Arten von Bildungsmaßnahmen
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Ausbildung: Erwerb eines neuen Berufs
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Weiterbildung: Vertiefung vorhandener Kenntnisse
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Fortbildung: Erhalt beruflicher Fähigkeiten
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Einschulung: Einführung in betriebliche Aufgaben
Nur Aus- und Weiterbildungen sind rückersatzfähig.
Rückzahlungsklausel und Vertragsbindung
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Rückersatzvereinbarungen müssen schriftlich vor Ausbildungsbeginn getroffen werden.
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Eine generelle Klausel im Dienstvertrag ist ungültig.
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Jede Bildungsmaßnahme braucht eine separate Vereinbarung, die von beiden Seiten unterschrieben wird.
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Die Bindungsdauer darf max. 4 Jahre betragen (Ausnahme: Pilot:innenausbildung bis 8 Jahre).
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Rückzahlung reduziert sich monatlich anteilig.
Quelle: WKO – Ausbildungskostenrückersatz
Rückzahlungspflicht – wann gilt sie?
Rückzahlungspflicht besteht nur, wenn:
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eine gültige schriftliche Vereinbarung vorliegt,
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die Ausbildung aus eigenem Verschulden abgebrochen wird oder
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Arbeitnehmer:innen schuldhaft den Abschluss verhindern.
Keine Rückzahlungspflicht besteht bei:
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Krankheit, unverschuldetem Abbruch
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Kündigung durch Arbeitgeber:in (außer schuldhaftes Verhalten)
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unberechtigter Entlassung oder berechtigtem Austritt
Ausbildungskostenpauschale und Staffelung
Unternehmen sollten realistische Pauschalen und faire Rückzahlungsstaffelungen vereinbaren.
Beispiel:
| Ausbildungsdauer | Bindungszeit | Rückzahlung bei Kündigung im 1. Jahr | Rückzahlung im 2. Jahr |
|---|---|---|---|
| 12 Monate | 3 Jahre | 100 % | 50 % |
So bleibt die Rückforderung für Arbeitnehmer:innen nachvollziehbar und rechtlich haltbar.
Aktuelle Änderungen seit 2024
Seit März 2024 gilt:
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Verpflichtende Aus- und Weiterbildungen (z. B. Sicherheits- oder Fachschulungen) sind Arbeitszeit.
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Die Kosten müssen immer von Arbeitgeber:innen getragen werden.
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Rückersatzvereinbarungen für solche verpflichtenden Maßnahmen sind unzulässig.
Zitat AK: „Seit Ende März ist die Rechtslage eindeutig: Verpflichtende Weiterbildungen sind Arbeitszeit; die Kosten trägt zwingend der Arbeitgeber.“
Quelle: Arbeiterkammer Österreich – Weiterbildung
Sonderfall: Arbeitnehmer:innen zahlen selbst
Übernimmt ein:e Mitarbeiter:in selbst Ausbildungskosten, können Arbeitgeber:innen diese steuerfrei rückerstatten, wenn:
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ein betriebliches Interesse besteht,
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Nachweise (Rechnungen, Teilnahmebestätigungen) vorgelegt werden und
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eine schriftliche Erklärung abgegeben wird, dass die Kosten nicht steuerlich geltend gemacht wurden.
Tipp: Vorab Rücksprache mit dem Finanzamt halten, um steuerliche Fragen zu klären.
Praxis-Tipps für Unternehmen
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Klare Verträge: Mustervereinbarungen nutzen, rechtlich prüfen lassen.
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Faire Kalkulation: Kosten realistisch ansetzen, Staffelung berücksichtigen.
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Transparenz: Mitarbeiter:innen frühzeitig über Rückersatzbedingungen informieren.
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Personalentwicklung: Rückersatz nicht als Druckmittel nutzen, sondern als Instrument zur Bindung.
FAQ: Ausbildungskostenrückersatz in Österreich
Müssen Arbeitnehmer:innen Ausbildungskosten immer zurückzahlen?
Nein, nur bei gültiger Vereinbarung und eigenverschuldetem Abbruch.
Darf der Rückersatz länger als 4 Jahre dauern?
Nein, maximal 4 Jahre – außer bei Pilot:innenausbildung (bis 8 Jahre).
Was passiert bei verpflichtenden Weiterbildungen?
Diese gelten als Arbeitszeit. Kosten trägt der Arbeitgeber – Rückersatz ist unzulässig.
Fazit
Der Ausbildungskostenrückersatz ist ein komplexes, aber wichtiges Thema in der Lohnverrechnung. Unternehmen sichern ihre Investitionen, Arbeitnehmer:innen erhalten durch klare Gesetze Schutz vor unfairen Knebelverträgen.
Die aktuellen Änderungen stärken die Rechte von Arbeitnehmer:innen erheblich und verpflichten Unternehmen, Pflichtschulungen selbst zu finanzieren. Mit fairen, transparenten Vereinbarungen können Unternehmen einerseits ihre Bildungsinvestitionen schützen und andererseits die Mitarbeiterbindung langfristig fördern.